Anders als die meisten anderen spätantiken Bibeldichtungen weist die Alethia des Claudius Marius Victorius neben Einflüssen aus dem paganen Epos starke Bezüge zum Lehrgedicht und speziell zu Lukrez auf. Obwohl einzelne Lukrezparallelen schon im 19. Jh. beobachtet wurden, wurde nie umfassend untersucht, in welchem Verhältnis epische und lehrdichterische Züge in der Alethia zueinander stehen. Die vorliegende Arbeit analysiert systematisch die epischen und lehrdichterischen Elemente im Werk, wobei formale und inhaltliche Aspekte gleichermaßen berücksichtigt werden. Im Zuge der Untersuchung werden auch Bezüge zu Tendenzen der spätantiken Dichtung sowie zentrale theologische Anliegen des Autors herausgearbeitet. Abschließend wird auf der Grundlage der Untersuchungsergebnisse die Stellung der Alethia im Kontext der spätantiken Bibeldichtung neu bestimmt. Insgesamt gelingt es, sowohl die Abhängigkeiten als auch die Spezifika der Alethia schärfer als zuvor sichtbar zu machen - und damit zugleich die Vielfalt und Produktivität der lange vernachlässigten Gattung Bibeldichtung aufzuzeigen.