Martina Hessler ist Historikerin und seit 2019 Professorin für Technikgeschichte an der TU Darmstadt. Sie arbeitet zur Kulturgeschichte der Technik, zur Ding- und Designgeschichte, zu Wachstums- und Schrumpfungsperspektiven in Industrie- und Autostädten im 20. Jahrhundert sowie zur Geschichte und Gegenwart des Mensch-Maschinen-Verhältnisses.
Mensch und Maschine - eine neue Geschichte
Das menschliche Verhältnis zur Technik ist von einer bedenklichen Schieflage geprägt: Menschen erscheinen als Mängelwesen, sie machen Fehler und begehen Dummheiten, während ihre Maschinen und Technologien gerade als Überwindung ihrer Schwächen gelten. Martina Heßler erzählt die beeindruckende Geschichte dieses wirkmächtigen Gedankens, in dem sich die menschliche Fehlbarkeit hartnäckig mit technologischer Perfektion verbindet.
Von Automaten in frühen Industriefabriken und den Ressentiments von Ingenieuren gegenüber Arbeitern über Sicherheitsgurte, Lügendetektoren und nette Roboter bis zur Human-Factor-Forschung und Cyborg-Reparatur: Die Geschichte jenes schrägen Gedankens ist eine Geschichte des Technikchauvinismus, in der wir Menschen mehr und mehr einem modernen Sisyphos ähneln - im selbst gebauten Maschinenraum unentwegt mit der Beseitigung von Fehlern und Defekten beschäftigt. Derzeit verspricht künstliche Intelligenz, die Welt zu einem besseren Ort zu machen und menschliche Grenzen zu sprengen. Aber bereits seit dem frühen 19. Jahrhundert wird versucht, fehlerhafte Menschen mit überlegenen Maschinen einzuhegen, zu ersetzen und zu übertreffen. Das Bild einer perfekten Maschine, die alle denkbaren Probleme lösen kann, hat seither den gesellschaftlichen Fortschritt maßgeblich geprägt. Es wird Zeit, diese unzeitgemäße Illusion zu verabschieden.
Einleitung:
Eine besondere Form der menschlichen Fehlbarkeit
1. Der im Vergleich zur Technik fehlerhafte Mensch
Lesarten menschlicher und maschineller Unvollkommenheiten
Die Überlegenheit der Technik | Die Minderwertigkeit des Menschen: Günther Anders und die 'Faulty Construction' | Mängel, Sünden, Irrtümer: Menschliche Unvollkommenheiten
2. Obsessionen der mechanischen Moderne
Das Ideal der Maschine und fehlerhafte Menschen seit dem frühen 19. Jahrhundert
Mechanische Maschinen: Der fehlerhafte Mensch in der Fabrik | Geistige Automaten: Entscheidungsmaschinen statt fehlerhafter Menschen | Der fehlerhafte Mensch im Automobil | Soziale Maschinen: Der fehlerhafte Mensch und seine zuverlässigen Gefährten | Moralische Maschinen: Der fehlerhafte Mensch am Lügendetektor | Die Obsession der Moderne und die perfekte mechanische Maschine
3. Sisyphos im Maschinenraum
Die Tücken des fehlerhaften Menschen im 20. Jahrhundert
Endlose Steigerung: Die Droge der Maschinisierung | Anwälte menschlicher Kläger: Die Human Factors-Forschung in den 1950er Jahren und ein neuer Blick auf Fehler
4. Computerbugs, irrtümliche KI und kaputte Superhumans
Fehlerhafte Maschinen von den 1970er Jahren bis heute
Ein neues Zeitalter technologischer Fehler | Irren ist maschinell: Künstlich fehlerhafte Intelligenz | Alltägliche Cyborgs: Biologischer Schrott und reparierte Körper
Schluss
Doch keine Welt ohne Fehler
Literatur
Anmerkungen
Register