In der Forschung zu den Metropolen Ägyptens herrscht bisweilen die Auffassung, die wirtschaftliche Stabilität der Gemeinwesen sei im Wesentlichen durch finanzielle Zuwendungen der Oberschicht aufrecht gehalten worden. In der Tat setzten Amtsträger ihr Vermögen auch für öffentliche Zwecke ein. Gleichwohl zeigt die papyrologische Überlieferung, dass ihnen derartige Auslagen aus der Stadtkasse auch rückerstattet werden konnten. Das Bild eines von privaten Zuwendungen wirtschaftlich abhängigen Gemeinwesens kann demnach nicht gänzlich der Realität entsprochen haben.
In ihrer Studie Stadt und Wirtschaft im Römischen Ägypten untersucht Stefanie Schmidt die römisch-ägyptische Metropole sodann als eigenständig agierendes Wirtschaftssubjekt, das über eigene vielfältige Ressourcen verfügte und idealiter in der Lage war, eigene wirtschaftliche Ziele zu verfolgen. Zu diesem Zweck identifiziert die Autorin potenzielle Einkunftsquellen der Metropole und stellt die Frage nach der Möglichkeit einer maßnahmeorientierten Allokation der Mittel. Die Untersuchung zeigt, dass die Metropole nicht nach dem Tragfähigkeitsprinzip agierte, sondern als Marktakteur selbst Gewinn erwirtschaftete. Anhand der dokumentarischen Papyri zeigt die Autorin zudem, dass die untersuchten Gemeinwesen eine effiziente Finanzorganisation ausgebildet hatten. Sie erhoben Ressourcen, verwalteten die Erträge und prüften die Finanzbewegungen auf sachliche Richtigkeit. Das Quellenmaterial zeigt, dass die institutionellen Voraussetzungen für ein zielgerichtetes Wirtschaften in den Metropolen des 3. Jahrhunderts n. Chr. etabliert waren.