Marshallplan und Währungsreform galten bisher als die wichtigsten Voraussetzungen des deutschen "Wirtschaftswunders" der Nachkriegszeit. Die Jahre vor der Währungsreform wurden dagegen allzu pauschal als Periode des wirtschaftlichen Zusammenbruchs und der absoluten Stagnation gewertet. Tatsächlich hatte die westdeutsche Wirtschaft jedoch schon vor dem Juni 1948 wieder den Anschluss an ihren langfristigen Wachstumstrend gefunden. Wie Werner Abelshauser in seiner Studie über Rekonstruktion und Wachstumsbedingungen der Wirtschaft in der amerikanischen und britischen Zone nachweist, bildete die Substanz der verfügbaren Produktionsfaktoren aufgrund der Investitionen vor 1945 die Grundlage des späteren Wirtschaftswachstums. Die Ursachen für das Scheitern des ersten Anlaufs zur Wiederaufnahme der Industrieproduktion im Winter 1946/47 lagen auch nicht wie bisher meist angenommen wurde, in erster Linie in Eingriffen der Besatzungsmächte, in den Schwächen der Grundstoffindustrie oder in der Nahrungsmittelversorgung. Die Hauptschwierigkeit lag vielmehr darin, dass es nicht gelang, die zerstörte Infrastruktur der deutschen Wirtschaft im gleichen Tempo wieder herzustellen, in dem der Vorkriegsstand der industriellen Produktion wieder erreicht wurde. Erst im Herbst 1947 wurde das Transportsystem der Bizone den wachsenden Anforderungen des erneut einsetzenden Produktionsanstiegs gerecht. Am 20. Juni 1948, dem Tag der Währungsreform, war die westdeutsche Wirtschaft schon in vollem Gange.