Selbstverteidigung und kollektive Sicherheit repräsentieren gegenläufige Ordnungsmodelle der internationalen Beziehungen und des Völkerrechts - eine an den Einzelstaaten orientierte Ordnung steht einer Konzeption gegenüber, die primär auf staatengemeinschaftlichen Institutionen basiert. Die daraus notwendigerweise resultierende Spannung ist von Art. 51 UN-Charta nicht eindeutig gelöst worden. Die in dem Buch unternommene Analyse von Charta und Staatenpraxis zeigt jedoch, daß das gegenwärtige Völkerrecht dem kollektiven System grundsätzlich Vorrang einräumt. Der UN-Sicherheitsrat kann das Selbstverteidigungsrecht der Staaten weitgehend einschränken; dies selbst dann, wenn dadurch Staaten in existentielle Gefahr geraten können. Dieses Ergebnis spiegelt die stark fortgeschrittene Konstitutionalisierung des Völkerrechts wider, es legt aber auch eine Revision der Grundlagen des Völkerrechts nahe.
Die Entwicklung der Spannung zwischen Selbstverteidigung und kollektiver Sicherheit: Selbstverteidigung und kollektive Sicherheit vor 1945.- Die Entstehung der Charta der Vereinten Nationen.- Die Praxis des Sicherheitsrats und der Staaten.- Das Verhältnis von Selbstverteidigung und kollektiver Sicherheit in der UN-Charta: Die Ziele von Selbstverteidigung und kollektiver Sicherheit.- Die erforderliche Qualität der Kollektivmaßnahmen.- Beurteilungsspielräume.- Die Grundkonzeption der Charta.- Konkretisierung und Zusammenfassung.- Friedenssicherung und staatliche Integrität: Die Gefährdung staatlicher Integrität als Sonderfall im System der Charta.- Das Selbstverteidigungsrecht als ius cogens.- Das "naturgegebene" Recht zur Selbstverteidigung und der Schutz der staatlichen Integrität.- Friedenssicherung und staatliches Existenzrecht.