Bernd Stegemann, geboren 1967, studierte Philosophie und Germanistik an der FU Berlin und der Universität Hamburg sowie Schauspieltheater-Regie an der Hamburger Theaterakademie. Seit 1999 arbeitet er als Dramaturg/Chefdramaturg an verschiedenen Theatern, zuletzt am Berliner Ensemble. Seit 2005 ist er Professor für Dramaturgie und Kultursoziologie an der Hochschule für Schauspielkunst »Ernst Busch«.
Der moderne Mensch führt Glaubenskriege, ohne an Gott zu glauben
Menschen treten scharenweise aus der Kirche aus. Religion spielt im Leben vieler keine Rolle. Man könnte meinen, wir lebten in der gottlosesten Welt, die es jemals gab. Aber stimmt das überhaupt? Hat der Glaube nicht längst einen anderen Ort in unserer Welt gefunden? Bernd Stegemann legt eine hochaktuelle Bestandsaufnahme der Welt vor, in der das Individuum den Platz Gottes eingenommen hat.
Ohne Gott sind wir frei. Doch wohin führt uns die Freiheit? Die Weltkriege und totalitären Herrschaften des 20. Jahrhunderts, Klimakatastrophen und massenhafter Konsum sollten uns zu denken geben. Stattdessen wird schrill die Apokalypse verkündet. Während die Bindung der Religion in tausend Teile zersprungen ist, hat ausgerechnet der hochmütige Glaube an absolute Wahrheiten überlebt. Ideologische Übertreibungen, Populismus, Fanatismus und Fundamentalismus sind allgegenwärtig. Wohl keine Zeit war so orientierungslos und zugleich so erregt. Dabei wäre eine Umkehr nötig. Nur wenn wir anerkennen, dass unsere Ansprüche kein göttlicher Wille sind, wenn wir die Demut dem Bescheidwissen vorziehen, können wir die Welt bewahren oder sogar besser machen.