Hauptquelle der Legitimation der Eroberung der neuen Welt durch die Spanier war der päpstliche Missionsauftrag. Mission aber meint einen vollständigen Kulturtransfer und somit eine durchgreifende Kolonialisierung. Wichtigstes Medium bzw. Instrument hierfür ist Sprache. In diesem Band beschäftigen sich interdisziplinär angelegte Beiträge aus Philosophie, Geschichte, Romanistik und Ethnologie mit den Möglichkeiten, durch Sprache einen solchen Kulturtransfer zu gestalten, und mit der Diskrepanz zwischen utopischem Anspruch und erlebter Realität des Missionsgeschehens. Die Durchsetzung des Orden Colonial war eine Durchsetzung des christlichen Gottes. Welche Verpflichtungen ergaben sich daraus? Wie war das Selbstverständnis der Kolonialisierung als Mission, wie zeigte es sich in ihren Methoden und wie reflektierte es sich in den Texten? Welche Rolle konnte Sprache spielen?
Aus dem Inhalt: Matthias Vollet: Einleitung - Ludolf Pelizaeus: Herrschaftsaufbau und Herrschaftssicherung im kolonialen Lateinamerika - Felipe Castañeda: Das Ende der Debatte um die Conquista und der philosophische Beginn der Colonia bei José de Acosta - Christian Schäfer: Die aristotelische Gerechtigkeitslehre und die Frage der Menschenrechte bei Las Casas - Jörg Alejandro Tellkamp: Dominium, Sklaverei und Willensfreiheit - Freiheitsrechte im 16. Jahrhundert? - Dieter Janik: Die pax hispana in der Selbstkritik: die Präsentation verletzter und unterdrückter Werte in Geschichtsepen am Ende der Conquista (16./17. Jahrhundert) - Johannes Roggenhofer: Zeichen und Wunder. Bestätigungsmechanismen religiöser Weltordnungen in der frühen Kolonialzeit Perus - Carl Henrik Langebaek: Kolonialzeitliche Abhandlungen über den Götzendienst in der Sierra Nevada de Santa Marta. Die «Heilige Klage» des Fray Fransisco Romero und das unveröffentlichte Dokument von Melchor de Espinosa - Matthias Vollet: «Actual» und «pasado». Reflexionen zu Bedingungen und Methoden von Kulturtransfer im Rahmen der spanischen Colonia in Lateinamerika - Josef Rauscher: Von der Eroberung der Seelen durch die Sprache zur Sprache als Ordnungsgarant - Maria Cândida Drumond Mendes Barros: Anmerkungen zur jesuitischen Sprachpolitik der Língua Geral in Amazonien (17./18. Jahrhundert) - Fernando Amado Aymoré: Katechese als mediale Alltagsoffensive: Die Funktion von Sprache und Medien in den Jesuitenmissionen Lateinamerikas (16.-18. Jahrhundert) - Zandra Pedraza-Gómez: Die Fähigkeiten der Seele und des Verstandes. Über das Handeln, die Tugend und den Körper in der Aufklärung in Nueva Granada.
Die Herausgeber: Matthias Vollet, Jahrgang 1965, Studium der Philosophie, Geschichte, Romanistik in Eichstätt, Mainz, Berlin, Dijon, Sevilla; 1994 M.A. in Mainz. Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Philosophischen Seminar der Universität Mainz.
Felipe Castañeda, Jahrgang 1964, Studium der Philosophie an der Universidad de los Andes, Bogotá; 1988 Promotionsstudium an der Pontificia Universidad Javeriana, Bogotá; 1992 Promotion. Direktor des Departamento de Filosofía der Universidad de los Andes.