Der Ausdruck Kulturbolschewismus erlebt zwischen 1929 und 1933 eine einmalige Konjunktur. Von der Preußischen Volksschullehrerinnen-Zeitung bis Rosenbergs Weltkampf, vom Aufruf der Sauerlandschützen bis zur päpstlichen Enzyklika, vom Wahlflugblatt bis zur Regierungserklärung bezeichnet er eine dringend abzuwehrende Bedrohung von Kultur, Sitte, Familie und Nation.
Durch ein Kennwort verbunden entsteht aus Phänomenen von der Kleinschreibung bis zur Komintern ein einheitlicher Gegner, in dessen Bekämpfung heterogene politische Kräfte eine minimale Verständigungsbasis finden. Die Arbeit folgt den Spuren des Ausdrucks quer durch seine Epoche und registriert dabei Zusammenhänge, die nicht von bestehenden institutionellen Feldern oder sozialen Formationen garantiert werden, sondern diese durchdringen.
Der Autor: Björn Laser, geboren 1969; Studium Neuere deutsche Sprachwissenschaft, Allgemeine Literaturwissenschaft und Psychologie in Siegen und Houston; 1998-2001 DFG-Graduiertenkolleg «Intermedialität» an der Universität Siegen; 2001-2006 DAAD-Lektor an der Chulalongkorn Universität, Bangkok; 2007-2009 Dozent für Sprachwissenschaft und Sprachdidaktik an der Universität Siegen; seit 2009 Akademischer Rat an der Pädagogischen Hochschule Schwäbisch Gmünd.
Aus dem Inhalt:
Politische Lexikologie und Begriffsgeschichte - Konstruktion und Rekonstruktion von Diskursen - Zur deutschen Auffassung von Kultur und ihrer Bedrohung - Zur Aufnahme des Bolschewismus in Deutschland - 'Gegen den
Kulturbolschewismus
' - Von der Zeitungsüberschrift zur Regierungserklärung - Strukturen der Kampagne - Frontabschnitte - Gegenwehr - Erklärungen einer Erfolgsgeschichte - Auslaufende Enden: Umbruch, Diktatur, Exil - In die Gegenwart.