Nach dem Ersten Weltkrieg ist ¿ wahrscheinlich als Reaktion gegen den Historismus ¿ die Problematisierung von Geschichte in bislang unbekannter Weise in die deutschsprachige Literatur eingegangen. Vor allem in den Werken der «Zwischenkriegszeit» wurde die Auseinandersetzung mit Macht und Geschichte zu einem bald offenen, bald versteckten, aber immer zentralen Anliegen. Anstatt sie auf die Problematik des Engagements zu reduzieren, dokumentieren die hier versammelten Studien die verschiedenen literarischen Umsetzungen dieser Debatte und stellen sich die Frage nach den Verhältnissen zwischen Politik, Ethik und Ästhetik.
Elizabeth Guilhamon ist Professorin für Germanistik an der Université Michel de Montaigne Bordeaux 3. Ihre Forschungsschwerpunkte sind: Deutschsprachige Literatur des 20. und 21. Jahrhunderts, Semiotik, Film. Letzte Buchveröffentlichung:
Déclin d'Empire. Lecture sémiotique des Somnambules d'Hermann Broch
(Paris, 2008).
Daniel Meyer ist Maître de Conférences für Germanistik an der Université Mulhouse. Seine Forschungsschwerpunkte sind: Geschichtsphilosophie, politische Philosophie, intellektuelle Strömungen der Weimarer Republik, deutschsprachige Literatur des 19. und 20. Jahrhunderts.
Inhalt: Elizabeth Guilhamon/Daniel Meyer: Einleitung - Michael Neumann: Ergriffenheit. Figurationen der Berührung - Gérard Raulet: 'Streitbarer Humanismus'. Zum Verhältnis von Ethik und Politik in Heinrich Manns Roman
Henri Quatre
- Daniel Argelès: Der
Zauberberg
und der Erste Weltkrieg. Thomas Manns schwankende Geschichtsauffassung in der ersten Hälfte der Zwanziger Jahre - Achim Geisenhanslüke: Permanenz der Katastrophe. Zur Darstellung der Geschichte in Robert Musils
Der Mann ohne Eigenschaften
- Christa Karpenstein-Eßbach: Krieg und Geschichte. Zur literarischen Repräsentation des Ersten Weltkriegs im Ausgang der Weimarer Republik - Daniel Meyer: Von der Erzählung zur Geschichtlichkeit. Alfred Döblins
Manas
im Kontext der Weimarer Versepik - Claire Kaiser:
Berlin Alexanderplatz
von Alfred Döblin zu Piel Jutzi. Ein apokalyptisches Geschichtsdenken? - Paul Laveau: Brechts
Dreigroschenroman
(1934). Satire, Verfremdung und Bezug zur Gegenwart - Nicole Pelletier: Die Komödie des Menschen. Geschichte bei Horváth - Luca Crescenzi: Übergang und Simultanität. Thomas Manns Rede 'Von deutscher Republik' und die Symbolik des
Zauberberg
- Elisabeth Galvan: Gegenwart und Mythos. Geschichtsdarstellung in den Romanen
Liebe beginnt
(1933) und
Elissa
(1937) von Marie Luise Kaschnitz - Alison Boulanger: Harmoniegesetze und Naturkreisläufe. Die Geschichtsauffassung bei Hans Henny Jahnn - Elizabeth Guilhamon: Der Konkurs der Diskurse in Hermann Brochs
Entsühnung
und Bertolt Brechts
Heilige Johanna der Schlachthöfe.