Lange galt in der Forschung die Zeitstruktur von Emily Brontës Roman «Wuthering Heights» als undurchsichtig, meist sogar als fehlerhaft. Lediglich drei Jahreszahlen stehen im Text einer Fülle von relativen Zeitangaben gegenüber, die den Verlauf der Ereignisse zu diesen Jahresangaben in Beziehung setzen. Wenn man ¿ wie in der Forschung üblich ¿ die Jahresangaben auf die Zeit der Handlung bezieht, lässt sich keine Übereinstimmung mit den übrigen Zeitangaben erzielen. Der entscheidende Neuansatz dieser Studie besteht demgegenüber in der Hypothese, dass zwei der Jahreszahlen die Entstehungszeit des Berichts über die Handlung markieren. Damit lässt sich die Stimmigkeit des gesamten Zeitgerüsts erweisen und zugleich eine innovative Interpretation mit Blick auf die fiktive Erzählstrategie begründen. Ihre Berücksichtigung eröffnet neue Perspektiven, insbesondere auf den Protagonisten Mr. Heathcliff.
Analyse der Zeitstrukturen von Mr. Lockwoods Bericht und Ellen Deans Erzählung - Gegenüberstellung der alten Chronologien und der neu ermittelten Chronologie - Biographische Dossiers der Figuren - Interpretation des «Gespensts» - Kritische Genealogie - Neuinterpretation der Erzählabsichten
Michael Weber
war als Professor für Orthopädie an der Universität Freiburg tätig. Als Naturwissenschaftler faszinierte ihn die zeitliche Struktur von 'Wuthering Heights', sodass er extensiv literarische Paradoxien im Grenzbereich von Medizin und Literatur erforscht.