Kafka, ein Humorist? Ja, ganz gewiss. Seit rund 20 Jahren sind Aussagen
zur Komik in Kafkas Schreiben selbstverständlich, aber wie genau
das einzigartige Amüsement entsteht, fast unterhalb der Bewusstseinsschwelle
des Lesers, das bleibt die Frage. Eine Antwort darauf versucht
diese Arbeit den Worten, Sätzen und Texten Kafkas abzulauschen;
beim intensiven Zuhören erscheint Kafkas Humor bald bodenlos, so
intrikat wie omnipräsent. Ein humorvoller Scherz ist geeignet, dem
inneren Unglück zu entwischen, das ist die triviale Funktion des Humors.
Kurz und trotzig triumphiert das Ich im Scherz über eigenes
Ungemach - und über die Aggression der Welt. Singulär ist, wie Kafka
diese Denkfigur des Humors in Literatur überführt, mit welcher
Intention und Strategie seine poetischen Konstrukte entstehen. Das
Ergebnis ist so modern, dass man den Autor kaum zur ehrwürdigen
Gilde der humoristischen Dichter zählen mag, und doch spielt Kafka,
wie sie, mit dem Text und der literarischen Tradition. Er spielt mit
dem Leser und seinen Erwartungen, er schockiert, überrascht und
täuscht ihn, wie er ihn intermittierend erheitert. In Kafkas Literarizität
verwirklicht sich seine eigene Poetologie, in seiner kühnen und
irrsinnigen, kühl kalkulierenden Prosa. Kafka, den Humoristen, gilt es
noch zu entdecken.
Monika Ahrens studierte Germanistik in Marburg und Berlin. Sie lebt
als freie Autorin in Berlin.