Rüdiger Graf, geb. 1975, leitet die Abteilung II 'Wissen - Wirtschaft - Politik' am Leibniz-Zentrum für Zeithistorische Forschung in Potsdam und lehrt Neuere und Neueste Geschichte an der Humboldt-Universität zu Berlin.
Veröffentlichungen u. a.: Ökonomisierung. Debatten und Praktiken in der Zeitgeschichte (Hg., 2019); Öl und Souveränität. Petroknowledge und Energiepolitik in den USA und Westeuropa in den 1970er Jahren (Hg., 2014; engl. 2018); Die Zukunft der Weimarer Republik. Krisen und Zukunftsaneignungen in Deutschland 1918-1933 (Hg., 2008).
Das Buch untersucht den Aufstieg des Verhaltenswissens seit der Mitte des 20. Jahrhunderts sowie dessen praktische und politische Konsequenzen
Die Frage, wie menschliches Verhalten beeinflusst werden kann, ist in der jüngsten Zeitgeschichte virulenter geworden. Auf der Basis verhaltenswissenschaftlicher Erkenntnisse versprechen Expert:innen, Menschen durch subtile Interventionen glücklicher, gesünder und wohlhabender zu machen. Zugleich haben die Digitalisierung und Datafizierung unserer Welt Ängste vor einer umfassenden Verhaltensmanipulation und -kontrolle verschärft. Das Buch zeigt, dass es keineswegs selbstverständlich ist, Menschen nicht als handelnde Subjekte, sondern als sich verhaltende Organismen zu begreifen. Es untersucht, wie seit der Behavioral Revolution in der Mitte des 20. Jahrhunderts in verschiedenen Wissensfeldern, von den Wirtschafts- über die Psychowissenschaften bis zur Kriminologie, ein spezifisches Verhaltenswissen entwickelt wurde. Davon ausgehend analysiert es dessen Bedeutung für den Wandel politischer Steuerungstechniken vor allem in Bezug auf das Umwelt-, Gesundheits- und Finanzverhalten seit den 1970er Jahren.