Der "Charon" ist eines von ca. 80 überlieferten Werken des aus Syrien stammenden griechischsprachigen Schriftstellers Lukian (ca. 120- 180 n. Chr.). Charon, der mythische Fährmann des Totenreichs, kommt an die Oberwelt, um in Erfahrung zu bringen, warum die Toten, die er täglich in die Unterwelt zu befördern hat, über ihren Tod so betrübt sind. Dazu führt ihn der Götterbote Hermes des besseren Überblicks willen auf mehrere zu diesem Zwecke aufeinander getürmte Berge und gibt ihm von dort aus Erläuterungen zu den Geschehnissen auf der Welt. Durch diese "Oberweltschau" gelangt Charon zur Einsicht in die Bedingungen des menschlichen Lebens: Er erkennt, dass die Menschen den Leidenschaften und dem Schicksal unterworfen sind und trotz der Notwendigkeit des Todes sinnlos nach irdischen Gütern streben. Dieser Band bietet erstmals einen ausführlichen Kommentar zu diesem artifiziellen und voraussetzungsreichen Text. Neben der Klärung von sprachlichen, textkritischen und sachlichen Schwierigkeiten dokumentiert er eingehend die literarischen und geistesgeschichtlichen Grundlagen dieser Schrift.
Johanna Nickel studierte in Göttingen Griechisch, Latein und Philosophie. Nach dem Ersten Staatsexamen war sie zunächst als Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Klassische Philologie der Universität Frankfurt am Main tätig. Im Anschluss an das Referendariat absolvierte sie die Zweite Staatsprüfung für das Lehramt an Gymnasien.