Bültmann & Gerriets
Von der konfessionellen Militärstatistik zur "Judenzählung" (1916) - Eine Neubewertung
Resultate des Österreichisch-Japanischen Dialogs
von Hans-Joachim Becker
Verlag: Bautz, Traugott
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ISBN: 978-3-86945-953-0
Erschienen am 25.10.2016
Sprache: Deutsch
Umfang: 588 Seiten

Preis: 56,00 €

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Klappentext
Inhaltsverzeichnis

Hans-Joachim Becker
Von der konfessionellen Militärstatistik zur "Judenzählung"
(1916)
Eine Neubewertung
Rezension
Vor rund 100 Jahren, am 11. Oktober 1916, erging aufgrund von Klagen antisemitischer Organisationen, die sich als besorgte Bürger tarnten, vom Preußischen Kriegsministerium (KM) ein Erlass, den jüdischen Kriegsbeitrag an der Front, in der Etappe und in der Heimat statistisch zu erfassen. Diese Konfessionelle Militärstatistik hatte bald den pejorativen Spitznamen "Judenzählung" weg und wird heute gemeinhin als antisemitische Maßnahme einer auch entsprechend gesonnenen Militärführung angesehen. Eine genauere Untersuchung zeigt jedoch, dass deren Wirkung zwar vielfach eine antisemitische war und jüdische Soldaten sich zu Recht davon betroffen fühlten, dass deren Intention jedoch eine andere war: Die Antisemiten hatten eigene Statistiken und die jüdischen Organisationen (zur eigenen Verteidigung) desgleichen. Um auf die Beschuldigungen und Behauptungen der einen oder anderen Seite nicht mit den Statistiken der jeweiligen Gegenseite antworten zu müssen, wollte das KM zu eigenen kommen. Das war der Grund für den Oktober-Erlass von 1916. Die jüdische Publizistik, jüdische Organisationen und Reichstagsabgeordnete kritisierten ihn zwar zu Recht, aber kaum einer mutmaßte dahinter eine antisemitische Intention. Wenn heute kritisiert wird, dass damals die Ergebnisse nicht veröffentlicht wurden, so wird übersehen, dass seinerzeit es praktisch ausschließlich Antisemiten waren, die diese Forderung erhoben. Die jüdische Seite forderte dagegen sie als eine singulierende Maßnahme in den Papierkorb zu versenken, zumal auch der soziologische Hintergrund zu komplex war, um in alternativen Fragestellungen erhellt zu werden. Juden waren vornehmlich eine (durchschnittlich ältere) großstädtische Bevölkerung, im Schützengraben dagegen überwog bei weitem das bäuerliche Element. Das nicht zu berücksichtigen war der strukturelle Fehler des Erlasses. Eine antisemitische Absicht dagegen steckte, wie ein eingehendes Archiv- und Dokumentenstudium belegt, anders als vielfach behauptet, nicht dahinter. Der Blick auf Deutschland wird ergänzt durch die Darstellung der Situation der Juden bei den beiden westlichen Hauptkriegsgegnern Großbritannien und Frankreich.
Dr. Hans-Joachim Becker, geb. 1945 in Jever, ist Philosoph, Japanologe und Historiker. Seine Schwerpunktthemen liegen in der vergleichenden Kulturwissenschaft und der deutsch-jüdischen Geschichte. Veröffentlichungen: Die frühe Nietzsche-Rezeption in Japan, Iwao Kôyama: Das Prinzip der Entsprechung und die Ortlogik (Übersetzung aus dem Japanischen), Nietzsche und Adorno, Projekt MeinNietzsche (in Zsarb. m. dem Nietzsche-Forum München), Fichtes Idee der Nation und das Judentum, Das Judentum in der philosophischen Politik Nietzsches.



Hans-Joachim Becker
Von der konfessionellen Militärstatistik zur "Judenzählung"
(1916)
Eine Neubewertung
Inhaltsübersicht
Vorwort: Der Erlass des Kriegsministeriums vom 11. Oktober 1916 in der historiografischen Kritik
Methodische Vorbemerkungen
Einleitung: Zivilgesellschaft, Armee und Judentum im Kaiserreich
1. Der Rückgang des Antisemitismus seit der Zeit um die Jahrhundertwende
2. Judentum und Armee unter besonderer Berücksichtigung Preußens
I. Anfängliche Kriegsbegeisterung und Burgfrieden
1. Das liberale Judentum
2. Zionismus und Orthodoxie
3. Zurückhaltung bei Pazifisten und entschiedenen Zionisten
4. Die amerikanischen Juden und der Weltkrieg in der Zeit offizieller Neutralität
II. Maßnahmen der politisch-militärischen Führung gegen den Antisemitismus
III. Erste Ernennungen jüdischer Offiziere in der Preußischen Armee und die positive Entscheidung der Marine
1. Die Preußische Armee
2. Die Kaiserliche Marine
IV. Gleichstellung jüdischer Feldgeistlicher mit den christlichen
V. Erste Fronterfahrungen: Eugen Tannenbaums Sammlung von Kriegsbriefen 1914/15
1. Anmerkungen zur Edition
2. Erste Kriegserfahrungen gesetzestreuer Juden
VI. Julius Marx - der Kronzeuge
VII. Persönliche Erfahrungsberichte von der Front
VIII. Die Armeerabbiner im Felde
IX. Die Feldrabbiner-Konferenzen
1. Die Feldrabbiner-Konferenzen im Westen und Osten
2. Jüdische Themen in den Kriegszeitungen der Armeen
X. Dienstbefreiung zu hohen jüdischen Feiertagen an allen Fronten: Organisatorische Unterstützung durch das Heer
XI. Jüdische Gottesdienste in den Kriegsgefangenenlagern
XII. Über religiösen und politischen Frieden an der Front
1. Die Rolle der Konfessionen im Krieg
2. Kaum Antisemitismus an der Front
XIII. Begegnung mit den Juden im Osten
1. Die deutsche Verwaltung und die Juden in (Russisch-) Polen
2. Das liberale Judentum: Zwischen Hilfe und Abwehr
3. Zionistische Vielfalt
4. Exkurs: Die Lebensmittelblockade und seine Folgen in Deutschland XIV. Ludendorffs Verhältnis zum Judentum während des Krieges und seine Wandlung danach 279
1. Ludendorff und die Juden während des Krieges
2. Ludendorffs antisemitische Wende nach Kriegsende
XV. Anonyme Denunziationen und eine erste Reaktion seitens des Militärs
1. Das Bröckeln von Einigkeit und Burgfrieden
2. Die Verfügung der 'Inspektion des Kraftfahrwesens'
XVI. Zurückweisung antisemitischer Angriffe durch das Kriegsministerium
XVII. Der kriegsministerielle Erlass vom 11. Oktober 1916
XVIII. Minister Wild v. Hohenborns Stellung zum Antisemitismus
XIX. Die Intention der Armeeführung im Streit der Meinungen
XX. Das Kriegsministerium unter Handlungsdruck
1. Die Hauptmotive für den Erlass
2. Wrisbergs Versuch einer Schadensbegrenzung und seine Nachkriegssicht
XXI. Kritik am Erlass bei gleichzeitiger Bestreitung einer antisemitischen Motivation
XXII. Soziologische Voraussetzungen der Einberufungspraxis
XXIII. Die Haltung der politischen und militärischen Führung gegenüber den Juden
XXIV. Erfahrungen an der 'Heimatfront'
1. Christlich-jüdische Kooperation
2. Synagogenbau im Krieg: Rastenburg, Berlin/Kottbuser Tor, Offenbach und Flörsheim
XXV. Die Lockerung der Militärzensur und die Folgen
XXVI. Zeitgenössische Stimmen zur Frage des Antisemitismus im Heer
1. Jüdische Zeitungen und die christlich-jüdischen Abwehrblätter
2. Der Kartell-Convent (KC)
3. Der zionistische Jüdische Student (JSt)
4. Ein zionistischer Intellektueller im Krieg:
Das Beispiel Sammy Gronemanns
XXVII. F. Theilhaber über Juden und jüdische Flieger im Weltkrieg
1. Die Juden im Weltkrieg
2. "Jüdische Flieger im (Welt-) Krieg"
XXVIII. Feldpostbriefe jüdischer Soldaten an den Direktor des Reichenheimschen Waisenhauses (RWH.)
XXIX. Das deutsche Friedensangebot vom 12. Dezember 1916 und die jüdische Reaktion
XXX. Die Juden in Hitlers 'Regiment List'
XXXI. Liberales westliches Judentum, die Ostjuden und die Grenzsperre
XXXII. Pogrome im Osten nach dem deutschen Rückzug
XXXIII. Krieg und Judentum in den Staaten der westlichen Entente
1. Frankreich
2. Großbritannien
XXXIV. Resümee
Anhang 1: Falkenhayn und die deutsche Diplomatie in der Türkei verhindern ein Juden-Pogrom in Palästina
Anhang 2: Die Judenfrage im Frieden mit Rumänien
Epilog: Hindenburg, die Machtergreifung und die deutschen Juden
LITERATURVERZEICHNIS