Neun Jahre lang, von 1982 bis 1991, war Aydin >Gastarbeiter< in Deutschland. Kurz nach dem Mauerfall - und der Geburt des Autors - wurde er in die Türkei abgeschoben. Zunächst hielt seine Familie Aydin für verschollen. Doch dann fand man ihn: in Istanbul, wo er schon seit einem Jahr auf der Straße lebte.
Aydin wurde >nach Hause< geholt, allerdings nur, um hier ein weiteres Mal abgeschoben zu werden - diesmal in die Psychiatrie, irgendwo in einem kleinen Ort am Schwarzen Meer. Gegen seinen Willen brachte man Aydin schließlich zurück in das Dorf, in dem er geboren wurde - und in dem er »nach Jahren der Scheinexistenz« am Ende auch starb.
Der Roman macht sich auf eine biografische Spurensuche, erzählt von den neun Jahren in Deutschland, von dem Menschen Aydin und dem Versuch, in der Sprache einem Toten zu begegnen, den der Autor auf Türkeireisen noch kennengelernt hat und dessen Leben mit seinem eigenen zusammenhängt und doch nicht zusammenhängt - eine Geschichte über Gewalt, Scham, Trauer, Wut und das Besiegtsein.
Mesut Bayraktar, geb. 1990 in Wuppertal, gründete »nous - konfrontative Literatur« 2013 gemeinsam mit Kamil Tybel. Er hat Rechtswissenschaften und Philosophie in Düsseldorf, Lausanne, Köln und Stuttgart studiert. Er ist Autor der Romane »Briefe aus Istanbul« (Dialog-Edition, 2018) und »Wunsch der Verwüstlichen« (Autumnus Verlag, 2021) sowie eines Buchs über G.W.F. Hegel mit dem Titel »Der Pöbel und die Freiheit« (Papyrossa Verlag, 2021). In zahlreichen Anthologien sind Kurzgeschichten und Gedichte von ihm erschienen. Neben Erzählungen und Theaterstücken schreibt er auch Essays, Literatur- und Theaterkritiken. Er ist Stipendiat der Kunststiftung Baden-Württemberg in der Sparte Literatur 2019.