Ein geschlossenes psychiatrisches Setting bedeutet Zwang: Besonders in der Akutversorgung werden Zwangsmaßnahmen durchgeführt. Trotz grundlegender Veränderungen durch Reformen der letzten Jahrzehnte in den entwickelten Ländern bezüglich der Behandlung von Patienten ist Zwang in der deutschen Psychiatrie noch immer weit verbreitet. Nach aktueller Studienlage sind Patienten auf geschlossenen psychiatrischen Akutstationen besonders stark von Zwangsmaßnahmen und Zwangsmedikation betroffen, obwohl jede Zwangsbehandlung sowie jede Zwangsmaßnahme einen gravierenden Grundrechtseingriff darstellt. In der psychiatrischen Praxis scheint das Bewusstsein dafür nicht durchgängig vorhanden zu sein und so gibt es noch immer Mängel sowie einen großen Handlungsbedarf bezüglich dieses ethisch brisanten Themas.
Vor diesem Hintergrund ist ein Umdenken entstanden, das sich dadurch auszeichnet, Zwang, Türschließung, Restriktion und Isolation in der Behandlung psychiatrisch erkrankter Menschen zu reduzieren Eine konkrete Lösung der Problemstellung könnte das Konzept der ¿offenen Tür¿ in der Psychiatrie sein, welches in den letzten Jahren oft diskutiert wurde und in bereits mindestens zwanzig (von insgesamt ca. 400) psychiatrischen Kliniken in Deutschland praktiziert wird. Darüber hinaus spielt eine frühzeitige Wiedereingliederung in die Gemeinschaft eine tragende Rolle. Das bedeutet beispielsweise, dass die Betroffenen schon während des Klinikaufenthaltes Zugang zu gemeindeintegrierten, ambulanten und komplementären Angeboten erhalten oder versucht wird, akutpsychiatrische Patienten generell länger im ambulanten und häuslichen Setting zu behandeln und zu versorgen, anstatt die Betroffenen stationär zu isolieren.
Die Psychiatrie steht deshalb auch in Zukunft vor großen Aufgaben und Herausforderungen, um sich als ein modernes medizinisches Fach zu positionieren, zu entstigmatisieren und um die Selbstbestimmungsrechte und Autonomie der Patienten zu wahren.
Cedric Butze schloss sein Studium im Pflege- und Gesundheitsmanagement an der Fachhochschule Dresden ¿ University of Applied Sciences mit dem B.A. Pflege- und Gesundheitsmanager erfolgreich ab. Der Autor ist als examinierter Gesundheits- und Krankenpfleger in psychiatrischen Fachkliniken und als gesetzlicher Betreuer tätig.