Kurz nach Beginn des Überfalls auf die Ukraine 2022 sorgt eine Fotografie international für
großes Aufsehen: Auf der Titelseite der New York Times sieht man die Aufnahme einer
in Irpin bei Kiew durch eine Mörsergranate auf offener Straße zu Tode gekommenen Mutter
und ihrer beiden Kinder sowie eines Freundes der Familie. Das Bild zeigt nicht nur eindrücklich
die Kriegsverbrechen der russischen Armee, sondern entfacht auch eine Diskussion
darüber, wie man mit derartigen Bildern in der Öffentlichkeit umzugehen hat. Darf man
das Grauen, den Tod, die Getöteten unverpixelt zeigen? Wie geht man mit der Würde derjenigen
um, die nicht mehr für sich sprechen können?
Michael Diers schildert nicht nur detailliert das historische Ereignis und die Umstände der
Entstehung der Fotografie, sondern auch deren spezifische ästhetische Qualität und setzt
sich mit der intensiven Rezeption und ethisch-moralischen Debatte rund um die Aufnahme
auseinander. Der Kunst- und Bildhistoriker nähert sich aus der Perspektive der politischen
Ikonographie seinem Gegenstand und rückt ihn in seinen künstlerischen Kontext, darunter
die Tradition der Schreckensbilder bis zurück zu Goya.
Die New York Times-Fotografie wird im Zusammenhang der allseits heftig und kritisch
geführten Debatte über die Rolle der Bildberichterstattung in Zeiten des Krieges als eine
exemplarische Aufnahme ausführlich betrachtet und analysiert.