Geschlechtergeschichte zu schreiben erzwingt kritische Distanz zu vielen, lange Zeit als selbstverständlich hingenommenen historischen Erzählweisen, Konzepten, Begriffen und Theorien. Diese Anforderungen erfüllt Karin Hausen meisterhaft. Die in diesem Buch zusammengestellten Aufsätze verdeutlichen Programm und Methode der Geschlechtergeschichte und stellen neue Forschungsergebnisse vor. Sie klären u. a., wie und warum erwünschte Geschlechternormen als kulturelle Werte in Gesellschaften formuliert und verallgemeinert werden oder was mit der angeblich von Gott oder der Natur den Frauen zugedachten Hausarbeit geschieht, wenn sie in das von kapitalistischer Industrialisierung, Urbanisierung und wohlfahrtsstaatlicher Flankierung gestaltete Umfeld eingeordnet ist.
I. Bürgerliche Geschlechterordnung
Die Polarisierung der »Geschlechtscharaktere«. Eine Spiegelung der Dissoziation von Erwerbs- und Familienleben
»... eine Ulme für das schwanke Efeu«. Ehepaare im deutschen Bildungsbürgertum. Ideale und Wirklichkeiten im späten 18. und 19. Jahrhundert.
Der Aufsatz über die »Geschlechtscharaktere« und seine Rezeption. Eine Spätlese nach dreißig Jahren
II. Haushalt und Technik
Technischer Fortschritt und Frauenarbeit. Zur Sozialgeschichte der Nähmaschine
Große Wäsche. Technischer Fortschritt und sozialer Wandel in Deutschland vom 18. bis ins 20. Jahrhundert
Häuslicher Herd und Wissenschaft. Zur frühneuzeitlichen Debatte über Holznot und Holzsparkunst in Deutschland
III. Arbeiten, Wirtschaften und Geschlechterdifferenz
Wirtschaften mit der Geschlechterordnung. Ein Essay
Arbeiterinnenschutz, Mutterschutz und gesetzliche Krankenversicherung im Deutschen Kaiserreich und in der Weimarer Republik. Zur Funktion von Arbeits- und Sozialrecht für die Normierung und Stabilisierung der Geschlechterverhältnisse
Arbeit und Geschlecht
IV. Muttertag, Volkstrauertag und andere Antworten auf den Ersten Weltkrieg
Mütter, Söhne und der Markt der Symbole und Waren: der »Deutsche Muttertag« 1923-1933
Der Volkstrauertag. Ein Tag des nationalen Gedenkens an die getöteten deutschen Soldaten
Die Dankesschuld des Vaterlandes für die Witwen und Waisen der Kriegshelden des Ersten Weltkriegs
V. Theoretische und historiographische Herausforderungen
Patriarchat. Vom Nutzen und Nachteil eines Konzepts für Frauenpolitik und Frauengeschichte
Die Nicht-Einheit der Geschichte als historiographische Herausforderung. Zur historischen Relevanz und Anstößigkeit der Geschlechtergeschichte
Verzeichnis der Erstveröffentlichungen
Prof. Dr. Karin Hausen ist Historikerin und war Gründerin und bis 2003 Leiterin des Zentrums für Interdisziplinäre Frauen- und Geschlechterforschung an der Technischen Universität Berlin. Sie war Mitherausgeberin der Publikationsreihe »Geschichte und Geschlechter« und ist es seit 1996 bei »L¿Homme. Zeitschrift für feministische Geschichtswissenschaft«.